26.11.2014

Ein lebendiges Land

Eine Frau stillt ihr Kind, drei mit Zuckerrohr schwer bepackte Esel werden vorbei getrieben. Hupende Taxis, auf drei Rädern, suchen nach neuen Fahrgästen. Am Straßenrand werden Bananen, Orangen und hölzerne Zahnbürsten verkauft. Aus einem Verschlag aus Lehm und Blech duftet es nach frisch aufgebrühten Kaffee. Kinder laufen durch die Menge und rufen "Foto,Foto.." Bäuerinnen vom Land mit bunten Tüchern umwickelt, tragen einen Teil Ihrer Ernte zum Markt. In einem Geschäft werden billige Chinesische Plastikprodukte verkauft, daneben Gewürze und Weihrauch. Ein paar Meter weiter hängt ein Metzger gerade eine frische Ziegenhälfte in sein offenen Geschäft. In der Luft kreißen Raubvögel und hoffen das etwas für sie abfällt. In der ferne sieht man neue Gebäude aus dem Boden wachsen. Die Arbeiter balancieren auf einem einfachen Holzgerüst. Auf dem Gehsteig hoffen die Ärmsten auf Almosen oder ein Stück Brot. Junge Frauen mit feinen Schuhen und lackierten Fingernägeln laufen an ihnen vorbei. Eine Ziegenherde such nach ein paar Grashalmen und ihr Hirte versucht Sie über die Straße zu führen. 
Wie ein großes Theater habe ich den Alltag in Äthiopien erlebt. So viel passiert gleichzeitig. Leben und Tot liegt oft nahe zusammen. Es ist faszinierend lebendig, manchmal seltsam unorganisiert und befremdlich aber immer spannend. Selten habe ich das Leben so intensiv erlebt wie in Afrika. Wie langweilig ist ein Spaziergang in der deutschen Provinz im Vergleich dazu. Während der zwei Wochen in Addis Abeba, Hara und Dire Dawa gab es kaum einen Moment in dem ich wirklich alleine war. Überall waren Menschen. Es wurde viel gelacht, getanzt und gesungen. Manchmal hab ich mir gedacht: Das was den Leuten dort an Reichtum fehlt, fehlt uns an Lebendigkeit. So wirklich stimmt das natürlich nicht, träumen doch auch dort viele von einem anderen Leben. Von Europa und den USA oder einem Auto und ordentlicher Medizinischer Versorgung. Aber doch bin ich jetzt der Meinung wir können viel voneinander lernen. Lasst uns den Afrikanischen Kontinent ernst nehmen und lasst uns zusammen daran arbeiten. Das gute Leben liegt vielleicht irgendwo dazwischen.
In Äthiopien ist ein Leben konserviert welches der Fortschritt im  Westen fast vollständig ausradiert hat. Diese Schatzkammer des Lebens kann uns inspirieren und andere Wege aufzeigen. Ich werde meine Spaziergänge durch dieses Land vermissen. Vor allem das Strahlen in den Gesichtern der Kinder, das Gefühl des Aufbruchs, welches weite Teile des Landes erfasst hat und die feine Gastfreundschaft.